Brüsseler Pläne zur Mittelstandsfinanzierung kritisiert

EU plant Änderungen in der Kreditversorgung für den Mittelstand | Kapitalmarktfinanzierung für kleine Unternehmen nicht geeignet | „Erfolgsmodell darf nicht gefährdet werden“

16.01.2015

Velen. „Das geht in die falsche Richtung und kann perspektivisch die Kreditversorgung in unserer Region beeinträchtigen.“ So klar kommentiert Dr. Wolfgang Baecker, Vorstandsvorsitzender der VR-Bank Westmünsterland eG, beim Jahrespressegespräch der Bank die neuen Pläne der EU-Kommission. Diese will die Abhängigkeit der Unternehmen von der Bankenfinanzierung reduzieren und sie stattdessen stärker über den Kapitalmarkt direkt finanzieren.

Dr. Wolfgang Baecker
Dr. Wolfgang Baecker

„Die Vorschläge basieren auf vermeintlichen Erkenntnissen aus der Finanzkrise, gehen aber leider an der regionalen Realität vorbei. Denn was vielleicht in Südeuropa oder auch in Großbritannien zu beobachten war, dass es nämlich auch aufgrund schlechter Bankeninfrastruktur zu Finanzierungslücken bei kleinen Unternehmern kam, trifft eben bei uns nicht zu“, analysiert der Bankvorstand. Man müsse eigentlich genau das Gegenteil machen und die Idee regionaler Kreditinstitute „exportieren“.

 

Nähe zwischen Unternehmen und Bank wichtig

„Als Genossenschaftsbank sind wir nahe an den Unternehmen vor Ort. Man kennt sich gegenseitig, oft seit Generationen. Das führt zu Vertrauen und Verlässlichkeit in der Geschäftsbeziehung und bei
Kreditgesprächen. In Deutschland, wahrlich kein Krisenland, haben zum Beispiel seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 die Firmenkundenkredite der Genossenschaftsbanken deutlich über dem Markt zugelegt, bei der VR-Bank um ca. 50 %, während sie bundesweit seitdem nicht gewachsen sind. Die Wahrheit ist also: Gerade die regionalen Institute haben die Kreditversorgung gewährleistet, nicht der Kapitalmarkt und nicht die systemrelevanten Banken. Den regionalen Mittelstand künftig über solche Kapitalmarkt-Produkte finanzieren zu wollen, deren Verwendung doch die Krise mit verursacht hat, ist schon ein starkes Stück“, positioniert sich Baecker. Noch seien diese Pläne in der Anfangsphase, aber es gelte, sich hier von vornherein klar zu positionieren, „um diesen Überlegungen der Kommissionsmitglieder aus London und Brüssel, die nur mit dem Fernrohr schauen, aber die Situation vor Ort nicht sehen, die Realität entgegenzustellen.“