Größe ist auch in der Landwirtschaft nicht alles. Für den wirtschaftlichen Erfolg sind andere Faktoren wesentlich wichtiger. Mit dieser Gesamtbotschaft analysiert Dr. Martin Berges im Rahmen seines Vortrags bei der Veranstaltung im Rahmen des „AgrarForum Westmünsterland“ Rahmenbedingungen und Wege der Betriebsentwicklung in der Landwirtschaft im Kreis Borken. Vor vollbesetztem Haus in der Gaststätte „Zum Breul“ in Stadtlohn gibt der Direktor der Landwirtschaftskammer NRW den 180 Besuchern einige Hausaufgaben mit auf den Weg.
Der Landwirtschaftliche Kreisverband, die Kreisstelle der Landwirtschaftskammer NRW sowie die Genossenschaftsbanken im Kreis Borken haben in der letzten Woche unter der Überschrift eingeladen: „Erfolgreich wirtschaften – ist Wachstum alternativlos?“ Wie brandaktuell das Thema auch angesichts der jüngsten Bauernproteste in München und Brüssel ist, hatten selbst die Veranstalter bei der Formulierung der Einladung noch nicht abgesehen, verrät der neue Sprecher für den Agrarbereich der hiesigen Genossenschaftsbanken, Georg Kremerskothen, in seinem Grußwort: „Manche von Ihnen fragen sich unter den aktuellen Rahmenbedingungen, ob erfolgreiches Wirtschaften überhaupt noch gesellschaftlich gewollt ist.“
Die Auflagen sind hoch, die Erzeugerpreise derzeit im Keller – genauso wie die Stimmung im Berufsstand. Allein aus dem Kreis Borken war der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband am letzten Montag mit zwei vollbesetzten Bussen nach Brüssel gestartet, wie Kreislandwirt Heinrich Emming in seiner Begrüßung nochmals berichtet: „Dabei ging es uns weniger um weitere wirtschaftliche Beihilfen, sondern vielmehr um einen Protest gegen weitere zu befürchtende rechtliche Verschärfungen, mit denen unsere Produktion vor die Wand gefahren wird.“
Was damit gemeint ist, spricht Berges in seinem Vortrag unverblümt an. So werden in Brüssel, Berlin und Düsseldorf aktuell unter anderem Novellierungen der Düngeverordnung (regelt insbesondere die Ausbringung von Gülle) oder der immissionsschutzrechtlichen Rahmenbedingungen zur Luftreinhaltung von Stallungen vorbereitet. Und das alles vor dem Hintergrund, dass sich die Verbringungskosten überschüssiger Güllemengen in Ackerbauregionen ohnehin schon im Aufwind befinden und die Abluftreinigung von Stallungen derzeit noch nicht Stand der Technik ist und bei einer verpflichtenden Einführung das Aus für betroffene Betriebe bedeuten würde. Baurechtlich seien den hiesigen Betrieben ohnehin schon mit der letzten Gesetzesnovelle so hohe Hürden auferlegt worden, dass Betriebserweiterungen im Kreis Borken sehr viel aufwändiger geworden sind, so Berges.
Trotz alledem kann der ehemalige Agrarunternehmensberater den Zuhörern auch Mut machen. „Wer ist eigentlich der Erfolgreiche?“ lautet die Überschrift hierzu in Berges‘ Vortrag. Anhand beispielhaft vorgetragener Auswertungen von Unternehmensergebnissen von Betrieben, die durch die Landwirtschaftskammer NRW beraten werden, kann Berges aufzeigen, dass im Mittel nicht der Tierhalter in den letzten Jahren das beste wirtschaftliche Ergebnis erzielen konnte mit ausgeprägter Wachstumsstrategie, sondern derjenige mit dem Akzent auf Kostenführerschaft. „Die Zeichen stehen auf Konsolidierung“, fasst der 49-Jährige zusammen und nennt die weitergehenden Stichworte dazu: „Eine konsequente Schwachstellenanalyse und damit einhergehend verbesserte Produktionseffizienz und Tiergesundheit sind die wesentlichen Faktoren, die es zu verfolgen gilt.“ Potential sieht Berges auch in der Bildung von Einkaufsgemeinschaften und einer umfassenderen Vermarktungsstrategie, etwa durch Bildung möglichst einheitlicher Produktchargen. Auch Regionalität werde als Verkaufsargument an Wichtigkeit weiter zunehmen, wenn sie „durchgängig und authentisch“ ist, so Berges.
Nicht zuletzt schreibt der Kammerdirektor den Anwesenden auch den Punkt „Marketing/ Kommunikation“ auf den to-do-Zettel: „Machen Sie sich immer wieder bewusst, dass Sie da produzieren, wo andere ihre Freizeit verbringen.“ Der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes, Ludger Schulze Beiering, brachte diesen Punkt in seinem Schlusswort auf folgende Formel: „Erfolgreiche Landwirte sprechen mit ihren Nachbarn.“